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Die Zuerkennung des Titels als UNESCO-Welterbe bedeutet in erster Linie Schutz und Erhaltung dessen, was dieses Prädikat erhält, so auch im Falle des geplanten Welterbes Versteinerter Wald Chemnitz. Die Objekte sind also keinesfalls dazu geeignet, als Erwerbsquellen für private Sammler, Händler oder gar Spekulanten zu dienen oder im Tausch gegen Dienstleistungen oder artfremde Erwerbungen eingesetzt zu werden. Primat hat immer eine museale Verwahrung in öffentlicher Hand im Sinne der im öffentlichen Interesse übertragenen Aufgabe "Sammeln, Bewahren, Forschen und Präsentieren". Das ist die einzige legitime Art, mit dem in Aussicht gestellten Welterbe umzugehen.

Was aber für den Versteinerten Wald angedacht ist, zeigt Widersprüchliches. So läßt das Museum für Naturkunde Chemnitz verlauten, dass es bei der Grabung an der Frankenberger Straße nicht tonnenweise Material an Kieselholz bergen will, sondern lediglich für ein später entstehendes "Fenster in die Erdgeschichte" lernen will (Amtsblatt Chemnitz Nr. 9/2008).

Lassen wir die Akteure selbst sprechen (nach Homepage des Museums für Naturkunde Chemnitz):

"Das auf einen Lagerplatz transportierte Lockergestein muss parallel zur eigentlichen Grabung auf seinen Gehalt an Fossilien (Kieselhölzer und Abdrücke im Tuff) untersucht werden. Die Lagedaten sind hier uninteressant, weil das Material schon vor einiger Zeit von Wind und Regen umgelagert wurde. Die Suche wird dennoch eine Weile dauern, denn es sind knapp 1000 m³ Material zu sichten! ...

... Die Lage der Pflanzenreste und Bleichungszonen etc. werden notiert, Gesteinsproben und Fossilien entnommen, numeriert und zum Museum transportiert. Einige der verkieselten Pflanzen werden für Präsentationszwecke (IOP-Exkursion, Führungen an Wochenenden) eine Weile in ihrem steinernen Grab belassen. Letztendlich aber werden auch diese entnommen, denn es heißt schon wieder Abschied nehmen...

... Die gelagerten Aushubmassen werden wieder in die Grube eingebracht, der Mutterboden kommt obendrauf, anschließend wird das Gelände begrünt...

...Natürlich werden Fossilien während der Grabung geborgen, und vielleicht entstehen daraus ausstellungswürdige Großexponate. Des reinen Sammelns wegen wird die Grabung nicht durchgeführt, die Magazine des Museums für Naturkunde Chemnitz sind bereits jetzt reichlich gefüllt."

Wohin geht also der so nebenbei zu findende "Rest" an Kieselholz und Tuff-Abdrücken?

Der Stadtrat hat am 13.09.2006 beschlossen, sowohl den Schutz des Namens "Versteinerter Wald" und dessen Vermarktung als auch den Schutz der damit im Zusammenhang stehenden beweglichen und unbeweglichen Objekte im geborgenen und ungeborgenen Zustand zu regeln. Das ist zur Stunde noch nicht geschehen. Kann man also davon ausgehen, dass die auf stadteigenem, aber in Pacht befindlichem Grund und Boden getätigten Funde für eine Weiterveräußerung in nicht nachvollziehbares Eigentum freigegeben sind? Diejenigen, die graben, zeigen sich jedenfalls nicht im amtlichen Auftrag der Stadt Chemnitz, um deren Eigentum es eigentlich geht.

Die Aufteilung der Welt des Chemnitzer Kieselholzes ist längst vollzogen, und Erfahrungen im Vertrieb dieses Chemnitzer Schatzes scheint es ausreichend zu geben. Immerhin ist Kieselholz aus unserer Region bereits begehrt im nationalen und internationalen Handel und jetzt noch mehr, da "Welterbe" zum Markenzeichen werden könnte.

An anderer Stelle habe ich die derzeit praktizierte Vorgehensweise mit "altägyptischer Grabräubermentalität" bezeichnet. Als ehrenamtlicher Denkmalpfleger unterstreiche ich diese Analogie nach wie vor, da sich die Bilder gleichen. Im 19. Jahrhundert tauchten in den antiken Stätten Ägyptens Menschen auf, die über Geld und Technik verfügten und an die kulturellen Schätze gelangten. Da das Land aber noch nicht die erforderlichen Gesetzlichkeiten zum Schutz seines Kulturgutes erlassen hatte, war es möglich, dass Mumien, Trophäen und anderes Gerät weltweit verstreut wurden. Auch Chemnitz soll ägyptische Mumien in seinem Museumsbestand gehabt haben.

Heute ist die Situation bezogen auf die Kieselholzer ähnlich. Die Stadt hat die erforderlichen Regelungen zu ihrem Schutz nicht geschaffen, obwohl ein Stadtratsbeschluss dies von der Verwaltung forderte. So ist es eben nicht zu erklären, dass das sogenannte "Fenster in die Erdgeschichte", das eigentlich nur eine Grabung zur Bergung der dort in der Tat zu erwartenden Schätze mit anschließender Verfüllung der Grube darstellt, privatwirtschaftlichen Interessen überlassen wird und der Welterbegedanke nur zu einem Aushängeschild, aber nicht zum Wesen und Ziel des Anliegens wird. Daran ändert auch die Behauptung, die Grabung "wissenschaftlich" begleiten zu wollen, nicht viel.


Titelblatt des sächsischen Edelsteinmandats von 1732

Ein Blick in die Geschichte bringt Hinweise zur Aufklärung. Schon August der Starke erließ Mandate, um die Schätze des Landes von Staats wegen zu sichern. Das Edelsteinmandat von 1732 belegt sogar die Blickrichtung auf die Schätze der Chemnitzer Region, indem auf Achat, Karneol, Amethyst und anderes Edelgestein verwiesen wird. Niedergehendes Interesse an diesen Naturbildungen von hierzulande und der billige Import von Übersee ließen in der Folgezeit die Gesetzgebung lockern, wenngleich über Regelungen des Naturschutzes, des Denkmalschutzes oder des Ortsrechtes schützende Maßnahmen hätten getroffen werden können. Leider muß schmerzhaft festgestellt werden, dass das Berggesetz der Bundesrepublik nicht greift und der Schmuckstein Kieselholz weder als bergfreier noch grundeigener Bodenschatz aufgenommen ist. Eine Regelung zum Schutz der Chemnitzer Kieselhölzer über das Ortsrecht wäre auf der Grundlage des Naturschutzgesetzes jedoch durchaus möglich. Sie ist nicht erfolgt.

Sie ist nicht erfolgt, obwohl eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Welterbeantrages eingesetzt ist und die Vorbereitungen für die Abgabe des Antrages angeblich abgeschlossen wurden. Aber in wessen Interesse sind diese Arbeiten erfolgt?

Texttafel einer Ausstellung im DAStietz

Hinter den Kulissen vollzogen sich nämlich ganz andere Vorgänge. Bereits im Jahre 2002 wurde in der Bayrischen Staatssammlung für Paläontologie und Historische Geologie in München eine repräsentative Ausstellung über Kieselhölzer kreiert. Ein international renommierter Sammler und Händler hatte gewissermaßen sein Lebenswerk den Staatssammlungen übereignet. Der Bestand umfasste 1200 Stücke, davon 150 Positionen Chemnitzer Kieselholz, wohl größtenteils aus den Beständen des hiesigen Museums für Naturkunde.

"Nach ihrem wissenschaftlichen Wert an erster Stelle steht die über 150 Fossilreste umfassende Teilsammlung aus dem mittleren Perm Sachsens, mehrheitlich aus dem Untergrund der Stadt Chemnitz – keineswegs nur dünne Scheiben. München dürfte jetzt nach Chemnitz die reichhaltigste museale Sammlung Psaronien (Baumfarne), Medullosen (Farnsamer) und Dadoxyla (Nadelbäume im weitesten Sinne) besitzen." [Jahresbericht 2002 und Mitteilungen, Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Historische Geologie München e.V., Nr. 31 S. 46]

Ein Gutachten aus dem Hause sowie ein Fremdgutachten bestätigen die außergewöhnliche wissenschaftliche und museale Bedeutung der Sammlung. Der Handelswert der gesamten Kollektion wurde auf 1,2 bis 1,6 Mio DM geschätzt. Der Ankauf durch die Münchner Einrichtung erfolgte für eine moderat vereinbarte Summe von 280.000 €. Zweifelsohne bilden die Chemnitzer Kieselhölzer dabei das Herzstück der Sammlung.

Eine weitere Meinung aus dem Münchener Haus:"Die meisten der Fossilien stammen aus Brasilien, Argentinien, Paraquay, Australien, Tschechien, Frankreich und Chemnitz! Die Fossillagerstätte Chemnitz ist die bedeutendste spätpaläozoischer Farn-, Farnsamer- und Calamitenreste Mitteleuropas. Die Dernbach'sche Sammlung umfasst alle für diese Lokalität typischen Gattungen und ist somit für Wissenschaft und Ausstellungszwecke von unschätzbarem Wert."


Eindrücke aus den Bayrischen Staatssammlungen für Paläontologie und Geologie

Wie dem auch sei, die Chemnitzer waren nicht einbezogen, an diesem Glanzlicht einer Sonderausstellung mit unserem Kieselholz in München Anteil zu nehmen. Vielleicht hat es eben Gründe gegeben, nicht darüber zu berichten. Müsste man nun gegebenenfalls vielleicht nicht auch den Münchener Teil zum Bestand des Welterbes rechnen?

Doch zurück zur ersten wissenschaftlichen Grabung. Es soll auch nicht der Eindruck entstehen, dass der Altvater der Kieselhölzer Johann Traugott Sterzel seine von Bauunternehmern unterstützten Grabungen unwissenschaftlich begleitet hätte. Dennoch bleibt die Frage nach dem versprochenen "Fenster in die Erdgeschichte", das eigentlich dauerhaften Charakter haben sollte und nun nur zum Üben und zur Entnahme der Schätze gedacht ist. Dass es sich bei dem Gelände um ein oder überhaupt um das Filetstück in vielerlei Hinsicht handelt, so auch zur Fluorit-Mineralisation im Zusammenhang mit der Verkieselung, verschweigt der Betreiber.

Ich hätte mir gewünscht, dass die Vorbereitungen seriöser und transparenter erfolgt wären. Ein tragfähiges Konzept, zur Anerkennung der Chemnitzer unterirdischen Schätze als Welterbe einschließlich eines tatsächlichen "Fensters in die Erdgeschichte", nicht zuletzt auch der damit im Zusammenhang stehenden wichtigen Bereiche des Zeisigwaldes mit Fuchsberg, Findewirthschem Steinbruch und Teufelsbrücken zu gelangen, steht nach wie vor aus. So erhält man den Eindruck, dass neben der Gewinnung von Kieselhölzern gepaart mit ein wenig Wissenschaft, die IOPC-Exkursion (Nachprogramm einer wissenschaftlichen Konferenz, die im August 2008 in Bonn stattfinden soll) das Ziel ist, bei der sich vielleicht ein Dutzend Wissenschaftler an einem Loch in den Hilbersdorfer Untergrund ergötzt, das Tage darauf wieder verschlossen wird. Schon ist der Sonnenberg für nächste Grabungen ins Auge gefaßt, wahrscheinlich nach gleichem Strickmuster. Was bleibt noch, das sich Welterbe nennen kann?...

Niedergeschrieben und veröffentlicht am Sonntag, den 16. März 2008


Dr. Dr. Frieder Jentsch

Stadtrat und Ehrenamtlich Beauftragter der Denkmalpflege für die Stadt Chemnitz